Diese beiden Meldungen der vergangenen Tage
Süddeutsche Zeitung: Abmahnanwälte planen Internetpranger für Pornokonsumenten
Wochenblatt: Regensburger Abmahn-Kanzlei will illegale Downloader im Internet veröffentlichen
fand ich wirklich sehr interessant.
Hintergrund dieser Meldungen ist, dass die besonders im Bereich des "Filesharingrechts" tätigen Rechtsanwälte U+C auf ihrer eigenen Internetseite angekündigt haben, ab dem 01.09.2012 eine Auswahl der Gegner aus offenen und anhängigen Mandatsverhältnissen im Rahmen einer Gegnerliste auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen. Es wird vermutet, dass die Sache deshalb - milde ausgedrückt - pikant werden könnte, wenn man weiß, für welche Art von Rechteinhabern in der Vergangenheit die Kollegen von U+C tätig geworden sind, nämlich vorzugsweise Unternehmen, die Filmwerke im Bereich der Erwachsenenunterhaltung produzieren bzw. vertreiben und ihre Urheberrechte durch sog. Filesharer verletzt sahen.
Die Kollegen von U+C sagen nicht aus welchen Streitigkeiten überhaupt Gegner veröffentlicht werden sollen und verweisen bzgl. der Zulässigkeit einer Gegnerliste auf eine Entscheidung des BVerfG aus dem Jahr 2007 (1 BvR 1625/06).
Sollte die Vermutung der Sueddeutschen Zeitung und des Wochenblatts stimmen, dass in dieser angekündigten Gegnerliste sog. mutmaßliche Filesharer benannt werden sollen, sagt einem schon der gesunde Menschenverstand, dass das eigentlich nicht rechtens sein kann.
Das BVerfG urteilte in der von U+C benannten Entscheidung, dass die Information, dass jemand in eine gerichtliche oder außergerichtliche Auseinandersetzung involviert ist, grundsätzlich nicht ehrenrührig sei. Mit der bloßen Nennung in der Gegnerliste sei deshalb kein „Makel des Unlauteren“ verbunden, weshalb eine Gegnerliste im Internet zulässig sei.
Daher ist insbesondere nicht zu erwarten, dass die Mandantschaft von U+C und vielleicht sogar das Werk benannt werden. Aber auch ohne Nennung von eigener Mandantschaft und/oder Werk vermag der Verweis auf das BVerfG ist diesem Falle nicht zu überzeugen, den vermuteten Plan von U+C als rechtmäßig anzusehen.
Denn es muss zunächst berücksichtigt werden, dass Google die Seite mit der Gegnerliste in den Index aufnehmen wird. Es ist für viele Leute normal geworden, einen zunächst Unbekannten erst einmal
zu googlen, sei es der Personaler den Bewerber, die Eltern den Lehrer oder aber auch im rein privaten Bereich. Die Überraschung dürfte zunächst groß sein, dass der Gesuchte in eine
Auseinandersetzung mit den RAe U+C verwickelt sein soll und mit ein paar weiteren Klicks, sollte recht schnell herauszufinden sein, in welchem Bereich die RAe U+C genau tätig sind. Die Gefahr ist
damit groß, dass der Gesuchte öffentlich nicht nur als Konsument, sondern sogar als "Dieb" und ja sogar als Weitervertreiber von Pornografie wahrgenommen werden könnte. Abgesehen davon, dass dies
ohnehin niemanden was angeht, selbst wenn dies zuträfe, ist zu beachten, dass der Anschlussinhaber, der in der Regel der Gegner im Bereich des Filesharing ist, in vielen Fällen nicht der Täter
ist, ganz abgesehen von den Fällen der Falscherfassung (auch wenn es diese ja tatsächlich gar nicht geben soll). Mit der bloßen Nennung in der Gegnerliste wäre daher sehr wohl ein „Makel des
Unlauteren“ verbunden.
Der entscheidende Unterschied dürfte aber sein, dass es sich in dem von dem BVerfG entschiedenen Fall um gewerbliche Gegner handelte und es sich bei der Verwenderin der Gegnerliste um ein Kanzlei
handelte, die im Kapitalanlagerecht tätig gewesen ist und Anleger vertrat. Das BVerfG gestattete die Verwendung der Gegnerliste zur Werbung, denn die Kanzlei konnte darstellen in welchen
Verfahren - in denen es zudem in der Regel nur mehr als einen geschädigten Anleger gibt - sie tätig gewesen ist und damit auch Kompetenz ausstrahlen.
Triift die Vermutung zu, dass mutmaßliche Filesharer bekannt gemacht werden sollen, liegt es zunächst fern, dass die Kollegen von U+C mit solch einer Gegnerliste werben möchten. Denn welchen
Werbezweck soll es haben, dass Max Mustermann aus Musterstadt ein Gegner von Mandanten von U+C ist? Welche besondere Kompetenz soll dies beweisen? Wenn es weiterhin so ist, dass
ausschließlich Gegner aus offenen und anhängigen Mandatsverhältnissen, also Nichtzahler, benannt werden sollen, würde dies vielmehr die tatsächliche
Zielrichtung von U+C zeigen: Wer zahlt, ist nicht auf "der Liste". Dass diese Intention nicht von der Rechtsprechung des BVerfG zur Gegnerliste gedeckt sein kann, dürfte jedem
einleuchten.
Sollten sich daher die Vermutungen als richtig erweisen und eine Filesharer-Liste veröffentlicht werden, sollte wer immer auf dieser Liste landet überlegen, sein Persönlichkeitsrecht zu schützen.
Die Erfolgsaussichten einer Unterlassungsklage sollten zumindest geprüft werden.
Allerdings scheine ich nicht der einzige zu sein, der den vermuteten Plan von U+C zumindest für rechtlich bedenklich hält. Vielleicht überlegen es sich die Kollegen ja auch nochmal, sollten sie wirklich geplant haben, Filesharer öffentlich zu machen. Vielleicht ist ja aber auch nur ein Bluff. Denn wie allseits bekannt, führt alleine die Ankündigung, man habe eine neue "Steuer-CD" aus der Schweiz erworben, zu vermehrten Selbstanzeigen. Wer weiß, vielleicht wird seitens U+C hier mit einem ähnlichen Effekt gerechnet.
Ich bin auf den 01.09.2012 gespannt.
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Roseph Jatzinger (Montag, 15 Oktober 2012 13:54)
Das ist wirklich eine Art Gipfel der Dreistigkeit, was die Herren Urmann und Collegen da angekündigt haben. Leute öffentlich wegen ihres persönlichen Filmgeschmackes anprangern zu wollen, stellt meines Empfindens nach einen möglichen Verstoß gegen § 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland dar. Aber mich fragt leider keiner, bin "bloß" Lackierer.